Rehabilitation nach Osteoporose-bedingten Frakturen

Prim. Univ.-Prof. Dr. Elisabeth Preisinger

Die Konsequenzen der Osteoporose sind Frakturen, oft mehrere Knochenbrüche innerhalb eines kurzen Zeitraums, die nicht selten zur permanenten Beeinträchtigung des Stütz- und Bewegungsapparates, zur Behinderung und zum Verlust der individuellen Unabhängigkeit führen. Die diesbezüglich folgenschwersten Frakturen sind die hüftgelenksnahen und die der Wirbel. Jeder Knochenbruch im Bereich der Extremitäten führt akut zu einer Mobilitätseinschränkung. Die chirurgische Versorgung der proximalen Femurfraktur ermöglicht zwar eine kurze Liegedauer, jedoch erreichen danach derzeit nur wenige Patienten wieder den selben Status wie vor der Fraktur.

C. Sherrington u. a. fanden bei Patienten nach hüftgelenksnahen Frakturen vor 5 – 9 Monaten im M. quadrizeps der betroffenen und nicht betroffenen Seite eine etwa 60%-ige Kraftverminderung und eine doppelt so hohe Standunsicherheit im Vergleich zu Personen ohne vorangegangener Fraktur. (1) Die Autoren schließen daraus, dass dieses Ergebnis für die anschließende Therapie Konsequenzen haben muss, da sonst für diese Patienten das Risiko für Stürze und damit für weitere Frakturen erhöht ist. Osteoporose-bedingte Wirbelfrakturen können akut zu Schmerzen führen und Bettruhe notwendig machen. Zunehmende Rückenschmerzen, eine zunehmende Behinderung bei Alltagstätigkeiten und weitere Frakturen sind die Folgen jeder neu hinzukommenden Osteoporose-bedingten Wirbeldeformierung. (2,3)

Ziel einer physikalischen Rehabilitation bei manifester Osteoporose ist es, die funktionellen Defizite und damit chronische Schmerzen zu vermeiden und zu behandeln sowie Stürze und damit weitere Frakturen zu verhindern. Verbesserung von Muskelkraft, der Balance, des Bewegungsumfangs, die Reduktion der zunehmenden Wirbelsäulenkyphosierung, angepasste Knochenbelastung und die Versorgung mit Hilfsmitteln, Gehhilfen, Orthesen, etc. sind wesentliche Inhalte dieser Therapie. Zusätzlich muss eine adäquate Schmerzbehandlung unter Nutzung aller therapeutischen Möglichkeiten durchgeführt werden. Diese umfaßt neben elektro- und thermotherapeutischer Anwendungen die gesamte Palette der medikamentösen Schmerztherapie.

Moderate Übungen zur Verbesserung der Haltungs- und Bewegungskoordination können die chronische Schmerzsymptomatik bessern und gleichzeitig den Knochenabbau reduzieren. (4) Ein nicht-progressives Übungsprogramm ist jedoch nicht ausreichend, um langfristig einen funktionellen Benefit zu erzielen, und zeigt keinen Einfluss auf die Frakturrate. (5,6) Ein nachhaltiger Erfolg kann sicher nur durch eine multifaktorielle Intervention erreicht werden, die sich sowohl auf die Besserung und Unterstützung der Knochenstärke als auch auf die Sturzprävention konzentriert. Zur Verbesserung der Knochenstärke eignen sich Medikamente, die Substitution von Kalzium und Vitamin D und Übungen mit Gewichtsbelastung. Zur Sturzprophylaxe tragen Übungen zur Verbesserung der individuellen Selbständigkeit, Kraft- und Balancetraining, ein adaptiertes Umfeld und die Medikamentenreduktion bei. (7,8) Das Tragen von Hüftprotektoren kann zudem bei sturzgefährdeten Patienten das Risiko der proximalen Femurfraktur um 60% senken. (9)

Schlussfolgerung ist, dass Patienten mit Osteoporose-bedingten Frakturen in ihren Alltagsfunktionen zunehmend eingeschränkt sind und eine entsprechende physikalische Therapie zur Rehabilitation und Sekundärprävention genauso benötigen wie die medikamentöse Therapie.

Literatur:
1. Sherrington C, Lord SR. Increased prevalence of fall risk factors in older people following hip fracture. Gerontology 1998; 44: 340-344.
2. Nevitt MC, Ettinger B, Stone K, Jamal SA, Ensrud K, Segal M, et al. The association of radiographically detected vertebral fractures with back pain and function: a prospective study. Ann Intern Med 1998; 128: 793-800.
3. Lindsay R, Silverman SL, Cooper C, Hanley DA, Barton I, Broy SB, et al. Risk of new vertebral fracture in the year following a fracture. JAMA 2001; 285: 320-323.
4. Preisinger E, Alacamlioglu Y, Pils K, Bosina E, Metka M, Schneider B. Exercise therapy for osteoporosis: results of a randomised controlled trial. Br J Sports Med 1996; 30: 209-212.
5. Kerschan-Schindl K, Uher E, Kainberger F, Kaider A, Ghanem AH, Preisinger E. Long-term home exercise program: effect in women at high risk of fracture. Arch Phys Med Rehabil 2000; 81: 319-323.
6. Preisinger E, Kerschan-Schindl K, Wöber C, Kollmitzer J, Ebenbichler G, Hamwi A, et al. The effect of calisthenic home exercises on postmenopausal fractures – a long-term observational study. Maturitas (in print).
7. Tinetti ME, Baker DI, McAvay G, Claus EB, Garrett P, Gottschalk M, et al. A multifactorial intervention to reduce the risk of fallino among elderly people living in the community. N Engl J Med 1994; 331: 821-827.
8. Wong AM, Lin YC, Chou SW, Tang FT. Coordination exercise and postural stability in elderly people: effect of Tai Chi Chuan. Arch Phys Med Rehabil 2001; 82: 608-612.
9. Kannus P, Parkkari J, Niemi S, Pesanen M, Palvanen M, Palvanen M, et al. prevention of hip fracture in elderly people with use of a hip protector. N Engl J Med 2000; 343: 1506-1513. Prim. Univ.-Prof. Dr. Elisabeth Preisinger
Institut für Physikalische Medizin und Rehabilitation, KH Lainz